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SAM
BURCKHARDT
Chicago
Swing
Gesamtzeit 55:28, 14 Titel, 1999, Airwayrecords 4758
A
Walk in Time
Gesamtzeit
69:20, 14 Titel, 2002, Airwayrecords
4760
Tja,
da hätte ich beinahe einen Fehler gemacht – man sollte sich
die Werke eines Künstlers chronologisch anhören, wenn man sich
mehrere auf einmal vornimmt. Das mit „bis zum Ende“ anhören
und die Linernotes (den Beipackzettel der CD’s!) durchlesen sollte
man ja ohnehin machen.
Aber so, und gerade vielleicht wegen Letzterem - war ich nach den ersten
Titeln, die ich von Sam Burckhardt hörte, etwas verwirrt, wenn nicht
zu sagen deutlich enttäuscht. Aber dazu später.
Bisher war mir der Name Sam Burckhardt nicht geläufig. Erstens weil
ich kein gesteigerter Fan von Sunnyland Slim bin. Der nämlich gab
dem Basler 1975 seine erste Chance auf einer Europa-Tournee - am Schlagzeug.
Burckhardt spielte schon seit seinem 10. Lebensjahr. Wie das Leben so
läuft, kann man sich mehrmals begegnen. So auch hier. Burckhardt
hatte zuvor auf Saxophon umgesattelt und so kam es, dass er 1982, von
Sunnyland Slim nach Chicago eingeladen, dort sofort in dessen Band als
Saxophonist „Fuß fassen“ konnte. Er hatte diesen Job
bis zum Tod seines Mentors im Jahre 1995 inne. Indessen hatte er bis dahin
auch schon in anderen Bands „gastiert“, unter anderem in einer
von Chris Rannenberg’ s damaligen Chicagoer Bands mit anderen Begleitern
von Sunnyland Slim wie Steve Freund, Bob Stroger u. A., „The Big
Four“ genannt. Europatournee und Platte gab’s damals auch.
Neben anderen Projekten half er auch der etwas bekannteren Chicagoer „Neo
Swing“- Kapelle „The Mighty Blue Kings” vom Stapel,
auf deren Debüt-CD er auch zu hören ist. Da wären wir dann
zweitens bei den anderen oben angedeuteten Grund: Meine „Mighty
Blue Kings“-CD fand ohne ihn statt . Im Folgenden spielte er Geburtshelfer
bei einer anderen Chicagoer Neo-Swing-Kapelle, der 10 Mann starken Formation
„The Big Swing“, mit der er erneut in Europa tourte.
Und
damit wären wir auch schon bei seiner ersten CD, die er nach seiner
Zeit mit Big Swing 1999 aufnahm. Diese CD kann man als so eine Art Momentaufnahme
seines Schaffens bis dahin werten. Zum einen gibt es ein Nonett mit Swing
Jazz, der deutlich mit Rhythm und Blues der 40er schwanger geht (5 Titel).
Dann eine Reunion der „Big Four“ für 2 Titel, eine Reminiszenz
an die große Zeit der Hammond-Orgel Quartette in den 50ern bis Anfang
der 60er Jahre, Anleihen an die Hardbop-Band der 50er Jahre (2 Titel)
und schließlich den Beweis, dass mit der Reduktion der Besatzungsstärke
einer Band nicht unbedingt eine Verringerung der musikalischen Qualität
einhergehen muß - ein Duett mit Pianist und zugleich nachdenklicher
Ausklang einer gottseidank nicht spannungsarmen CD. In der Tat trifft
für diese CD aufs Vorteilhafteste zu, was Kritiker generell Burckhardt’
s Spiel zugute halten: Ein voller, erdiger, klangfarbenreicher Ton. Dazu
spielen die Ensembles noch fast wie aus einem Guss. Und alle Titel sind
Burckhardts Eigenkompositionen - Respekt!
Also Leute : hier ist eine Alternative zu Roomful Of Blues, zumindestens,
was den Bläsersatz angeht! Burckhardt’s Spiel hält in
dem Kontext auch einen Vergleich mit solchen RnB-Tenorsax-Riesen wie Plas
Johnson in vielen Punkten stand. Nichts technisch umwerfendes, aber tonnensolide
mit einem Ton, für den viele Saxophonisten gerne sterben würden.
Und da wären
wir auch gleich bei der 2. CD. Warum ich mit der meine Probleme hatte?
Nun, bis zum 6. Titel fand ich, dass ich das Alles schon mehrfach irgendwo
gehört hätte, und Einiges davon auch deutlich besser. Wie komme
ich denn dazu?
Ich höre Jazz einfach anders als Blues und Bluesorientiertes. Bei
Jazz fließt mal schon die eine oder andere Meßlatte ein, die
absolut sehr hoch hängt und auch die verwendete Sorgfalt bei der
Aufnahme deutlich mitbewertet. Und wenn man dann eine neue Joe Lovano-CD
noch im Ohr hat, gerade mal wieder in alte Stan Getz/Sonny Rollins/Bennie
Wallace-CD's reingehört hat und dann noch bei dieser CD im Hintergrund
deutliche Geräusche auszumachen glaubt, die nicht auf eine CD gehören
und mangelnde Sorgfalt bei der Aufnahme befürchten lassen (Es blieb
gottseidank bei einem Titel!), dann hat man schon zu beissen, um sich
das Ganze bis zum Schluß anzuhören! Der 6. Titel hat die Sache
dann aber mit seinem originellen Arrangement rausgerissen. Von da an war
die Sache für mich in die richtige Richtung unterwegs.
Auch hier ist die CD wieder in mehrere Kontexte mit mehreren verschiedenen
Besetzungen aufgeteilt. Trotz aktueller Lovano-CD in Nonett-Besetzung
fallen die entsprechend aufgenommenen Titel der CD hier nicht sonderlich
ab. Im Gegenteil, ich finde die Arrangements des einen Strayhorn und des
einen Neal Hefti-Titels recht gelungen, obwohl die Originale schon harte
Scheidepunkte zwischen Könnern und Nicht-Könnern darstellen.
Auch die folgenden Duo-Titel machen Bauch und Brägen Spaß.
Vielleicht hatte er sich erst jetzt warmgespielt, der Burckhardt? Auch
die jeweiligen Pianisten laufen im Laufe der CD auffällig zur Hochform
auf. Wermutstropfen der CD sind klar die Quartett-Titel, größtenteils
zu Anfang dargeboten. Die sind weder besonders originell noch mit irgendwelchen
solistischen Höhepunkten gesegnet. Selbst Burkhardt wirkt auf diesen
Titeln irgendwie blaß, - kein voller Ton, keine Präzision.
Manchmal drängte sich da der ketzerische Gedanke auf: „Erdiger
Ton? Welcher denn?“. Auch das beseelte Spiel des Pianisten Tom Vaitsas
im letzten Titel dieser Formation - „Kitty Wake“, kommt irgendwie
zu spät. Dan Peters, der Gitarrist, gefiel mir auf Burckhardt’s
voriger CD deutlich besser.
Gut,
dass diese Besetzung nur vier Titel beisteuert. Und gut, dass die anderen
Besetzungen spannender und stimmiger aufspielen. Im Laufe der CD verstärkte
sich im Vergleich zur CD „Chicago Swing“ der Eindruck weiter,
dass die so eine Art Bestandsaufnahme von Vergangenem darstellt, während
„A Walk In Time“ wohl Eindruck vom Wege geben soll, auf den
sich Sam Burckhardt anscheinend gemacht hat. Er hat an seinem Ton und
seiner Musik (dazu zähle ich auch seine in meinen Augen z. T. vorzüglichen
Eigenkompositionen) weiter gearbeitet, die eigenen Kompositionen sind
ambitionierter denn je, er ist im Ganzen gut unterwegs, aber scheint halt
noch nicht ganz irgendwo anders angekommen.
Diese CD ist nicht so ganz „aus einem Guß“ wie ihr Vorgängerwerk.
Ich denke aber, Burckhardt hat das Zeug dazu, weiter oben anzukommen,
das zeigen die Duo-Aufnahmen klar. Im Kontext eines Nonetts oder ähnlicher
Besetzungen hat er ja schon immer gut geklungen. Aber, wie schon gesagt
: die Konkurrenz ist groß, die Meßlatte hängt hoch.
Fazit: Die CD „Big Swing“ sollte man als Swing-Fan haben -
und auch als Blues-Fans, der nicht an Bläser-Allergie leidet.
„A Walk In Time“ sicher eher was für den spezialisierten
Jazz-Fan und mit leichten Schwächen.
Generell hege ich aber eine gewisse Vorfreude, den Mann mal „live“
zu erleben, auch, um zu sehen, wohin seine musikalische Reise weiter gehen
wird.
Zu
beziehen sind die Alben über Airwayrecords (www.airwayrecords.com).
Hier entlang zur Website von Sam Burckhardt..
30.10.2003
- sk -
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